Ausziehtisch für den Balkon

Garage Productions proudly presents: Ausziehen! Ein Projekt in Überlänge, realisiert mit minimaler Crew in einer Kleinstadtgarage. Das Drehbuch: minimalistisch, die Hauptarstellerin: Robinie aka die falsche Akazie.


Gerade noch rechtzeitig bevor es wieder kalt wird, ist unser Tisch für die Terasse fertig geworden. Es ist ein Tisch aus Akazienholz – ein goldbraunes Holz, das sich aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit (Resistenzklasse 1) hervorranged für den Einsatz im Freien eignet. Der Tisch steht zwar auf einem überdachten Balkon, bei stärkeren Unwettern wird er aber doch öfter etwas nass werden. Zusammengschoben bietet er mit 1,5m länge Platz für 4-6 Personen, zieht man die beiden 50cm langen Ausziehplatten heraus finden 8-10 Personen angenehm Platz.

So ein Terassentisch ist von der Menge des Holzes und den Ausmaßen her ein Großprojekt, von der Konstruktion aber doch eher simpel, weshalb ich diesmal auf eine detaillierte Planung verzichtet habe. Ausgehend vom vorhandenen Platz und den bis zu 8 Personen die wir öfter bewirten wollen, ergab sich die maximale Größe mit 2.5 Meter in ausgezogenem Zustand und 1.5 Meter zusammengeschobener Länge. Bei einem Überstand der Platte von 10cm rundum ergibt sich die Gestellgröße dann von selbst.

Das Holz habe ich wieder sägerauh gekauft, es musste vor der Verarbeitung also erst zugesägt und gehobelt werden. Dabei wirbelt unsere Hauptdarstellerin ordentlich Staub auf am Set, zumal mir noch die Absaugung direkt am Kreissägeblatt fehlt. Der gelbliche Staub riecht nicht besonders gut und ich war recht froh bei offenem Garagentor ab und zu durchlüften zu können.

Das Gestell


Das Gestell ist verzapft und zusätlich mit Zargenwinkeln verschraubt (am Bild noch nicht eingebaut). Verschraubung alleine würde das Gestell zwar vor dem Auseinanderfallen sichern, wäre aber nicht fest genug. Eine reine Verleimung könnte sich unter Beanspruchung (speziell beim Ziehen/Schieben des Tisches der Länge nach) lockern.


Die Schlitze an den Tischbeinen sind nicht mittig sondern etwas nach außen versetzt angebracht, um längere und daher stabilere Zapfen zu erlauben. Die Schlitze habe ich mit der am Anschlag geführten Oberfräse vorgefräst und – da mein Nutfräser für die volle Tiefe zu kurz war – mit dem Stemmeisen auf die volle Tiefe erweitert Zapfen mit der Oberfräse abgeplattet. Die Zapfenenden sind abgeschrägt sodass sie im Tischbein auf Gehrung zusammenstoßen, wodurch ebenfalls mehr Zapfentiefe erreicht wird. Die Aufnahmeschlitze für die Zargenwinkel habe ich verdeckt an der Kreissäge geschnitten.

Die Platten


Die Platten sind als Rahmenkonstruktion mit eingefälzten Latten realisiert. Die Rahmenteile sind mit losen Zapfen verbunden – die Schlitze dafür habe ich mangels Dominofräse an der Zauberkiste vorgefräst und auf volle Tiefe per Hand nachgestemmt.  Mehr Infos zum Thema Zauberkiste findet ihr in Guido Henns Buch Handbuch Oberfräse bzw in meinem Artikel zum Hocker. Die losen Zapfen habe ich aus Reststücken des Akazienholzes zugesägt. Im Nachhinein wäre eine offene Schlitz und Zapfen Verbindung die einfachere Variante gewesen.


Die Füllungslatten liegen in einer Nut in den Querrahmenteilen. Zum Fälzen der Latten habe ich mir eine Vorrichtung für die Kreissäge gebaut. Diese Vorrichtung zum Zapfen/Fälzen wird am Schiebeschlitten festgeklemmt, der Abstand zum Sägeblatt bestimmt die Tiefe der Zapfenbrüstung. Das Werkstück wird dann einfach über Kniehebelspanner (die variablen von Bessey) festgeklemmt und mit dem Schiebeschlitten am Schlitzsägeblatt vorbeigefahren. Für den Bau der Vorrichtung habe ich mir nicht viel Zeit genommen und einfach meine bestehende Vorrichtung zum Schlitzen von Rahmen und Schatullenecken angepasst. Wenn wieder etwas mehr Zeit ist möchte ich eine solidere zweite Variante dieser Vorrichtung bauen, denn sie ist wirklich sehr praktisch.

Das Ausziehsystem

Der Tisch hat eine recht einfach selbst herzustellende Ausziehmechanik, bei der die Ausziehplatten unter der Hauptplatte im Tisch untergebracht sind. An den Ausziehplatten sind unterhalb Zugleisten befestigt, die durch Einkerbungen in der Mittelzarge und den Endzargen laufen. Die Zugleisten sind so abgeschrägt, dass die Ausziehplatten während des Herausziehens genau um die Plattenstärke angehoben werden.

DIe Hauptplatte liegt nur lose auf der Mittelleiste auf , denn sie muss sich während die Ausziehplatten herausgezogen werden heben können, um dann im voll ausgezogenen Zustand wieder zwischen die Ausziehplatten zu rutschen.

Diese System wird “holländischer Tisch” oder im englischen “dutch pull out” genannt und ist im Spannagel recht kurz, bei Tage Frid im 3. Buch recht ausführlich beschrieben.


Abschrägen der Zugleisten mit einer einfachen Schablone am Schiebeschlitten der Formatkreissäge.

Das Gestell habe ich diesmal deckend schwarz gestrichen um den ganzen eine moderneren Touch, ähnlich einem Metallgestell zu verleien. So verlockend es gewesen wäre den Tisch nicht zu streichen, in zusammengeschobenen Zustand wäre die Hauptplatte schneller vergraut als die Ausziehhplatten, was dann ausgezogen sicher nicht gut ausgesehen hätte. Die Platten wurden daher mit einem Öl speziell für Akazienöl gestrichen. Das Öl enthält Pigmente und soll das Vergrauen des Holzes verhindern / verdecken – vorausgesetzt man erneuert es jährlich.

Von Mai bis Ende Juli habe ich immer wieder an dem Tisch gearbeitet, von den Dimensionen mein bisher größtes Projekt und auch das gewichtsmäßig bisher schwerste. Die Hauptplatte ist, obwohl mit 1.5 Meter Länge ja noch sehr moderat,  schon ganz schön schwer – für das nächste Projekt, den schon lange geplanten großen Indoor-Esstisch, werde ich wohl ab und zu Hilfe in Anspruch nehme müssen. Vorerst passt das Wetter aber glücklicherweise, um noch ein wenig den Balkon und den neuen Tisch draußen zu genießen.

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14 Responses

  1. mosi says:

    Kein Kommentar, denn die Bilder und die Darstellung der Entstehung sagen alles!

  2. irmgard linz says:

    kann mich dem mosi nur anschließen, super toll dokumentiert. und ich bin (als nicht-familienmitglied) nicht vorbelastet. es passt wirklich alles1

  3. Maral says:

    Wow!!! Den habt ihr echt selber gemacht? Ich muss schon sagen, der Tisch sieht echt klasse aus. Habt ihr nicht Lust, die Anleitung bei http://www.mach-mal.de zu veröffentlichen? Ich bin Administratorin für diese Heimwerker-Community und würde mich freuen, euch bald mit einem Projekt bei uns begrüßen zu können… schaut’s euch doch einfach mal an! Liebe Grüße, Mara

  4. Jörg says:

    Einfach nur Toll! Klasse Arbeit

  5. Stefan says:

    Hallo Veronika, tolles Projekt: vor allem der Ausziehmechnismus fasziniert mich. Ich habe vor das selbe Prinzip bei meinem Esstisch zu verwenden. Danke für die ausführliche Beschreibung inklusive der genauen Bebilderung. Übrigens ich sehe dass du eine Hammer Formatkreissäge hast. Welche ist es genau und wie bist du zufrieden damit? ich spiele nämlich mit dem Gedanken meine Festool CS50 gegen eine Hammer einzutauschen. LG Stefan

  6. Echt klasse, wie umfassend du hier berichtest. – Und das Ergebnis spricht für sich. Ich wünsche weiterhin viel Erfolg beim 1-2-do.com-Award.

    Viele Grüße, Christian

    P.S.: Ich werde dein Blog mal in unsere Blogroll aufnehmen.

  7. Stefan says:

    Hallo Veronika, ich bin auch gerade dabei einen Tisch zu bauen. Eine Frage habe ich zu den eingefälzten Füllungsbrettern: wie hast du die befestigt? Einfach von unten geschraubt?

    LG Stefan.

    P.S: Vielen Dank für die reich bebilderte Bauphase. Ist wirklich toll geworden der Tisch

    • Veronika says:

      Hallo Stefan,
      Ich habe die Füllungsbretter von unten jeweils mit einem kleinen Nagel fixiert. Damit die Füllungsbretter einen gleichmäßigen Abstand haben, habe ich übrigens hochkant Sperrholzleisten dazwischen gesteckt.
      Lg,
      Veronika

      • Stefan says:

        Hallo Veronika, vielen fank für deine rasche antwort. Ich versteh aber nicht wie das brett mit nur einem kleinen Nagel halten soll oder habe ich da einen denkfehler? Lg Stefan

        • Veronika says:

          Die Füllleisten liegen in einer Nut in den Rahmenteilen, eine Fixierung mittig durch Rahmenteil und Füllstücks genügt. Der Nagel soll ja nur sicherstellen, dass die Teile nicht verrutschen und der Abstand gleichmäßig bleibt.
          Hier noch zwei Bilder vom Bau zur Veranschaulichung:
          Test Zusammenbau, Oberseite
          Zusammenbau, Unterseite der Platte

          Hoffe, es ist jetzt klarer.
          Liebe Grüße,
          Veronika

  8. Stefan says:

    Hallo Veronika, jetzt versteh ich es… ich dachte die Rahmenkonstruktion hätte nur einen Falz und keine Nut. Sehr gut gelöst. Dafür gibt’s ein dickes “Like” Vielen Dank für die rasche Erklärung und die zusätzlichen Bilder.

    LG

    Stefan

  9. Friedel says:

    Sieht super aus! Ich brauch auch einen solchen Tisch. Gute Idee!

  10. Simon Rattan says:

    Sieht ja wirklich aus wie gekauft! Nur ein bisschen besser hahhahahha

    wirklich klasse arbeit 🙂

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